Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein neuer Präsidentenbrief in turbulenten Zeiten: eine unberechenbare (Wirtschafts-)Politik aus dem Weißen Haus, antieuropäische Wahlergebnisse bei den polnischen Präsidentenwahlen und ein nicht enden wollender Krieg auf europäischem Boden – nach wie vor keine guten Rahmenbedingungen für uns als Unternehmer. Und dennoch: Jetzt gilt es, die eigenen, die bundesdeutschen Chancen zu ergreifen!
Die neue Koalition in Berlin ist seit fünf Wochen im Amt, und die Erwartungen an eine schnelle Wende in der Wirtschaftspolitik – mit hoffentlich positiven Folgen für die betriebliche Realität – sind groß. Ein Sofortprogramm aus dem Koalitionsausschuss mit vielen Ankündigungen und ein Kanzler, der „Tempo, Tempo, Tempo“ fordert: Das ist es, was wir von unseren Volksvertretern erwarten – Tempo in die richtige Richtung!
Wir als Metallhandwerk erwarten, dass es konkret wird – konkret beim Abbau bürokratischer Hürden. Die Abschaffung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes ist hier ein guter Einstieg. Darüber hinaus steht die Umsetzung eines Arbeitszeitgesetzes nach Maßgabe der europäischen Arbeitszeitrichtlinie auf unserer Erwartungsliste. Insgesamt fordern wir von dieser Regierung, die Bürokratiekosten um mindestens 25 % zu senken.
Ebenfalls mit Tempo erwarten wir tatsächliche Entlastungen für die Unternehmen. Die Grundlagen für einen Investitionsbooster müssen geschaffen werden. Ein gutes Beispiel sind die gerade eingeführten, verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten – sie schaffen sofort Investitionsanreize im Metallhandwerk. Dabei gilt: Bitte nicht den Investitionsspielraum von Ländern und Gemeinden durch Steuerausfälle trüben! Sie vergeben einen Großteil der Aufträge an das lokale Handwerk.
Ebenso sinnvoll wäre es, Überstunden beim Hauptarbeitgeber steuer- und abgabenfrei zu stellen – bis zu 556 Euro zusätzlich im Monat. Es ist kaum vermittelbar, dass Fachkräfte diesen Betrag im Nebenjob bei einem anderen Arbeitgeber steuerfrei verdienen dürfen, während ihr zusätzlicher Einsatz im eigenen Betrieb voll belastet wird.
Schnellstmöglich umsetzbar ist auch die steuerliche Förderung der E-Mobilität sowie die Senkung der Energiekosten. Netzentgelte reduzieren, Stromsteuer senken und die Gasspeicherumlage abschaffen – das ist jetzt notwendig!
Um die Investitionen – insbesondere von Ländern und Gemeinden – zügig auf den Weg zu bringen, ist eine grundlegende Überarbeitung des Planungs-, Bau-, Umwelt-, Vergabe- und Verfahrensrechts erforderlich. Tariftreue liegt uns am Herzen. Ein Tariftreuegesetz macht jedoch nur dort Sinn, wo keine zusätzlichen Bürokratiemonster geschaffen werden. Die Zugehörigkeit zur Innung ist hier ein adäquater und ausreichender Nachweis.
Kritisch, aber auch mit einem gebotenen Maß an Zutrauen, blicken wir auf die kommenden Wochen und Monate. Nach Einschätzung von KfW-Chef Stefan Wintels hat das Interesse – gerade ausländischer Investoren – an Deutschland und Europa stark zugenommen. Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ist im Mai deutlich gestiegen – um gut sieben Punkte im Vergleich zum Vormonat.
Werden wir also wieder optimistisch – nicht blauäugig, aber doch optimistisch.
Ich wünsche uns allen gute Geschäfte und ein Jahr 2025 voller positiver Überraschungen.
Euer Willi Seiger
Präsident Bundesverband Metall