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Verjährung von Urlaubsansprüchen

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20
Das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Entscheidung des LAG Düsseldorf aus dem Jahr 2020 wonach grundsätzlich der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach den Vorschriften des BGB verjährt. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres zu laufen, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Arbeitgeber in der Pflicht

Zur Erinnerung: der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 06.11.2018 – C-684/16) entschieden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist und auch im Prozess beweisen muss, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Erst dann, wenn der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen auf den Urlaub verzichtet hat, kann der Urlaubsanspruch verfallen.

Wenn der Urlaub nicht verfallen ist, kann er dann verjähren? Mit dieser Frage hatte sich jetzt das BAG zu befassen: Die Klägerin war von 1996 bis 2017 Steuerfachangestellte bei dem Beklagten. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte sie über die 14 Urlaubstagen, die der Beklagte freiwillig abgegolten hat, hinaus Abgeltung für weitere 101 Urlaubstage aus den Vorjahren.

Keine Verjährung

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das LAG sprach der Klägerin 17.376,64 Euro brutto zur Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage zu.

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Die Verjährungsvorschriften sollen Rechtssicherheit gewähren. Im Arbeitsrecht müssen sie jedoch hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurücktreten: die Gesundheit des Arbeitnehmers ist zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit darf nicht dazu führen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis beruft, den Arbeitnehmer nicht auf den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche hinzuweisen. Der Arbeitgeber muss vielmehr den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Erst dann kann die Verjährungsfrist zu laufen beginnen. Der Arbeitgeber kann die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachholt.

Hier hatte der Beklagte hat die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass die Urlaubsansprüche verfallen oder verjähren werden. Daher war die Arbeitnehmerin aus Sicht des Gerichts nicht in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche sind deshalb weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) noch nach einem zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) verfallen. Der Beklagte konnte sich deshalb auch nicht mit Erfolg auf die dreijährige Verjährungsfrist berufen.

Arbeitgeber sollten sich einen Überblick über die aufgelaufenen Urlaubstage bei den einzelnen Mitarbeitern verschaffen. Diejenigen, die erhebliche Resturlaubstage angehäuft haben, sollten ausdrücklich auf den drohenden Verfall hingewiesen werden, um ggf. die Verjährungsfrist in Gang zu setzen.

Ansprechpartnerin

Ass. jur
Friederike Tanzeglock
0201-8964713
eMail

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